pound's paranoia

lorentzen-nicklaus lorentzen-nicklaus at t-online.de
Sat Aug 18 07:32:10 CDT 2001



 ~~~ in "buch der könige. band 2y: recording angels' mysteries: zweiter versuch 
 im schreiben ungebetener biographien, kriminalroman, fallbericht und 
 aufmerksamkeit" (basel/ffm 1994: stroemfeld/roter stern, here pp. 137ff), klaus 
 theweleit writes: " ... er ist  a l l e i n  auf diesem thron des weltarztes, 
 mit der amerikanischen rezeptur in der tasche wie dr. céline 1934ff als louis 
 xiv mit der französischen und dr. benn als mabuse/mengele mit der deutschen 
 rezeptur, bzw. der rezeptur für die 'weiße rasse'. ... 'allein' ... außer, da 
 gibt es doch ...? pound nimmt direkt kurs auf mussolini, den italiener. neben 
 dante und guido cavalcanti ist der renaissancemann sigismundo malatesta d e r  
 italienische held der frühen cantos, wie pound immer auch 'diese' ist. das 
 spiel der verwandlungen ist aber nicht beschränkt auf den 'körper'. auch nach 
 den jeweils aktuellen inkarnationen seiner mytisch-geschichtlichen 
 gedichtfiguren hat pound unaufhörlich gesucht. und so 'wird' er leicht lenin 
 (der kunst; und der kunst der geldwirtschaft) wie mussolini sigismundo 
 malatesta wird; und  n i c h t  in einem gedicht. pound schickt mussolini ein 
 exemplar der gesammelten cantos. ~~~ mussolini und malatesta sind nachweislich 
 zum ersten mal übereinandergelegt in einem brief pounds vom februar 1932 an 
 einen jungen verehrer, dessen mussolini-tadel pound mit den worten zurückweist 
 'er wird zusammen mit sigismundo als mann der ordnung enden, nicht unter den 
 eiterbeulen und zerstörern ...' ein gespräch mit marinetti im frühjahr 1932, 
 das pound unerwartet befeuert, festigt mussolini in der position des 
 möglichen 'sigismundo'. mussolini als 'mann der tat'(revolutionen im 
 verkehrssystem, trockenlegung von marschen etc.) gibt den ausschlag. 'wenn dies 
 alles so wäre, dann würde dieser mann in seiner ordnung auch platz für große 
 künstler und schriftsteller haben.' im april 1932 schreibt pound (auf 
 italienisch) an mussolinis privatsekretär alessandro chiavolini; er möchte dem 
 d u c e  gern seine 'persönlichen eindrücke' vom heutigen italien vortragen. 
 antwort negativ; pound möchte [in the sense of "möge",kfl] seine eindrücke 
 schriftlich einreichen. pound schickt einen brief, wird konkreter: ... die 
 großartigen anstrengungen des faschismus im letzten jahrzehnt, aber auch zwei 
 'besorgnisse': die arbeitsbedingungen in den sizilianischen schwefelminen und 
 die produktivität der italienischen korkindustrie im vergleich zu der von 
 portugal, spanien, frankreich. - keine antwort. ~~~ pound wartet bis dezember 
 1932. er hat gearbeitet, ein filmskript: t h e   b i r t h  o f  f a s c i s m. 
 vielleicht ist es möglich, als amerikanisch-italienischer d.w. griffith die 
 aufmerksamkeit des duce zu erregen. der film wurde zwar nie gemacht, aber 'das 
 skript' war da, und mussolini bekam es in die hand, zusammen mit pounds 
 beigefügtem angebot, er könne auch hilfreich sein gegen bestimmte negative 
 darstellungen in der amerikanischen presse. ~~~ der medienverbund zieht. pound 
 bekommt seine audienz ... pound als kommender schirmherr von mussolinis porträt 
 in amerikanischen zeitungen ... pound als 'director' der 'geburt des 
 faschismus' ... m e  a n d  m u s s heißt das entsprechende carpenter-kapitel. 
 so hätte pound es gerne gehabt. m u s s  a n d  o l d  e z, die vereinigten 
 zauberer von oz, arm in arm (oder wenigsten seite an seite) auf dem balkon des 
 palazzo venezia ... und pound der souffleur in benitos ohr in sachen 
 arbeit/geld/banken/zins & 'der wahre frieden ist die kunst' ~~~ es kam nicht 
 dazu und womöglich aus dem merkwürdigsten grund. einer war, dass mussolini 
 nicht recht zeit gehabt hatte, sich die cantos wie auch das filmskript richtig 
 anzusehen, sei es aus allgemeiner zeitknappheit, sei es in ermangelung einer 
 eva hesse in seinem dolmetscherinnen-team. er hatte nur ein paar 
 zeilen rausgepickt und machte mit hilfe dieser seine referenz richtung des 
 'amerikanischen großpoeten', - und, dies ist eine überraschung, dieser wäre 
 damit z u f r i e d e n  gewesen; er  w a r damit zufrieden, wie er später 
 schreibt: 'mussolini begriff gleich, worauf es ankam, längst bevor die ästheten 
 da landeten', schreckliche zeile aus canto 41. g e s a g t  hat mussolini 
 nichts weiter, als dass er die cantos 'divertimente' fand, unterhaltend, 
 vergnüglich. es sollte ja, in pounds augen, nur der auftakt sein; mussolini war 
 offenkundig beschäftigt ... irgend etwas ging vor hinter den kulissen; eine 
 neue audienz am nächsten morgen wird vereinbart. pound findet sich ein und 
 erfährt, mussolini bedauere, absagen zu müssen. ~~~ geschehen war: pounds 
 audienz war zufällig auf den unschuldigen 30. januar 1933 gefallen, fünf uhr 
 dreißig am nachmittag. während pound bei mussolini sitzt und jener ein papier 
 mit dem abriss der ökonomischen thesen von h.c. douglas in der hand herumdreht, 
 das pound (als diskussionsgrundlage) mitgebracht hat, geschieht einiges in 
 berlin. es ist (auf seine bekannt zurückhaltende art) herr hitler, der einer 
 weiteren begegnung mussolini/pound einen riegel vorschiebt. 'machtergreifung' 
 ... die europäischen konstellationen verschieben sich ... telefonate, 
 telegramme, abhören von radionachrichten ... die ausläufer des bebens erreichen 
 rom ... mussolini  k a n n  sich nicht mehr kümmern um seinen gast am 30. jan. 
 1933. wer weiß, was sich ergeben hätte aus einem eingehenderen gespräch des 
 usura-fachmanns pound mit seinem malatesta-helden auf dem italienischen thron. 
 das ökothesenpapier blieb undiskutiert. dennoch war der besuch für pound 
 der gewünschte erfolg [... leaving out a longer passage which tells us that the 
 italian papers were reporting 'pound at mussolini' on their frontpages and 
 that the duce really charmed ezra.kfl ...] ~~~ direkt anschließend, im  februar 
 1933, schreibt pound j e f f e r s o n  a n d/o r   m u s s o l i n i, seine 
 schriftlich-theoretische wende zum faschismus (veröffentlicht 1935). seine drei 
 hauptfeinde: die banker, die presse, die waffenindustrie, - es sind die feinde 
 seines k u n s t s t a a t e s: die banker entwerten jede 'ehrliche arbeit', 
 die presse jedes 'ehrliche wort', und der krieg tötet die künstlerfreunde. ~~~ 
 mussolinis audienz gab ihm das gefühl, 'einfluss' zu haben. sie ließ ihn 
 glauben, nicht einfach ein weiterer machtloser schriftsteller zu sein, 
 angetrieben von ressentiments, sondern ein mann, der in diesem neuen medium 
 arbeitete, das lenin kreiert hatte: ein feld in der mitte zwischen 
 intellektualität und politischer aktion ~~~ pound fährt fort, mussolini 
 ökonomische papiere zu schicken. die frage nach der qualität von pounds ideen 
 zu einer revolution der geldwirtschaft soll uns nicht vom wesentlichen abziehen 
 hier: das wesentliche ist pounds überzeugung, d a s   r e z e p t  zu haben. 
 und wer das rezept hat, braucht nur noch die macht, die es durchsetzt. das ist 
 ohne jede frage der erleuchtete führer. pounds staatslenkungsmodell 
 funktioniert ausschließlich über das modell der 'kurzen drähte': schaltet man 
 die 'erleuchteten köpfe' jeder sphäre direkt miteinander zusammen, muss das 
 höchstmaß an weisheit herausspringen. für seine sphäre heißt das: nimmt 
 mussolini nur  e i n e n   g e d a n k e n  aus einem poundpapier heraus und 
 setzt ihn um in ökonomische wirklichkeit, l e n k t   p o u n d   d e n 
 s t a a t ~~~ (...) ~~~ pounds verbundenheit mit mussolini hielt auch in der 
 psychiatrischen internierung nach dem krieg noch an, wie tim redman sich 
 bestätigen ließ in einem 'neuerlichen gespräch' mit dem damaligen psychiater 
 des st. elizabeth's hospital; das ist ein mann, der auf den höchst mysteriösen 
 namen dr. kavka hört." ~~~ as always, kai frederik ~~~ ps: since we are talking 
 about a  great artist, it's probably no bad idea to add one of his more 
 paranoid poems:

    on his own face in a glass///o strange face there in the glass!/o ribald    
  company, o saintly host,/o sorrowswept my fool/what answer? o ye myriad/that  
 strive and play and pass,/jest, challenge, counterlie!/i? i? i?/and ye?     




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