V-related: holocaust & colonialistic genocide /: from a conference review in today's faz (p. N3)

S.R. Prozak prozak at post.com
Wed Apr 2 08:57:07 CST 2003


Guilt is garbage.

----- Original Message -----
From: lorentzen-nicklaus at t-online.de (lorentzen-nicklaus)
Date: Wed, 2 Apr 2003 14:07:50 +0200
To: pynchon-l at waste.org
Subject: V-related: holocaust & colonialistic genocide /: from a conference review in today's faz (p. N3)

> 
> 
> "TOD DURCH ENTKRÄFTUNG: Der koloniale Genozid --- eine Vorstufe zum Holocaust?
>                                         [by andreas eckert]
>  
>  der letzte vortrag des symposiums hätte der erste sein müssen. jürgen zimmerer 
> (coimbra) legte provozierend und prägnant die möglichkeiten und grenzen der 
> kategorie 'kolonialer genozid' dar und schuf auf diese weise wichtige 
> diskussionsgrundlagen und -anregungen für eine tagung über 'kolonialismus, 
> kolonialdiskurs, genozid', die umlängst in der evangelischen akademie bad boll 
> stattfand. (...) in anlehnung an jean-paul sartre fragte dabag, ob kollektive 
> gewalt und genozid zwangsläufig konsequenzen des kolonialismus seien, 
> vernichtung mithin also zum 'programm' der europäischen expansion gehöre./ 
> einige dieser thesen und fragen griff zimmerer systematisch und an aktuelle 
> kontroversen anschließend auf und spitzte sie in der aussage zu, dass jeder 
> völkermord kolonial sei. zunächst lotete er das semantische und 
> erinnerungspolitische bedeutungsfeld aus, auf das der begriff 'kolonialer 
> genozid' verweist. dieser begriff setze bestimmte formen des massenmordes in 
> beziehung zu dem versuch einer vollständigen ermordung der europäischen juden, 
> zum holocaust. dieser zusammenhang mache den begriff 'genozid' auch für die 
> repräsentanten anderer opfer von massenmorden wichtig. daraus gewinne, so 
> zimmerer, seine anwendung auf den kolonialen kontext die sprengkraft. denn dies 
> berühre auch die moralische frage nach der einzigartigkeit des holocaust./ 
> zimmerers ausführungen lag die these zugrunde, dass die nationalsozialistische 
> eroberungs- und vernichtungspolitik in ihren zentralen begriffen wie 'rasse' und 
> 'raum' in der traditionslinie des europäischen kolonialismus stehe. der 
> holocaust sei jedoch keine kopie der eroberung amerikas, australiens oder 
> südafrikas, sondern allenfalls eine extrem radikalisierte variante. zimmerer 
> unterstrich, dass sich die verbrechen der nationalsozialisten nicht einlinig auf 
> den kolonialismus zurückführen ließen; dazu war der nationalsozialismus in 
> ideologie und politik zu komplex und zu eklektizistisch. doch der kolonialismus 
> stehe für den bruch des letzten tabus --- die vernichtung anderer ethnien nicht 
> nur zu denken, sondern auch danach zu handeln. ohne diese konsequenz wäre die 
> ermordung der juden wohl nicht denkbar gewesen./ der entscheidende unterschied 
> zwischen kolonialismus und nationalsozialismus lag also, wie zimmerer hervorhob, 
> in der unterschiedlichen rolle, die der staat bei den kolonialen genoziden 
> gespielt hat. die bürokratisierte und staatlich organisierte tötung war abhängig 
> von der jeweiligen historischen entwicklungsstufe des staates: während dem 
> schwach ausgeprägten staat der neuenglischen frontier das massaker entsprach, 
> das von siedlern und milizen ausgeführt wurde, kam es später im modernen 
> verwaltungsstaat, wie er in ansätzen schon in deutsch-südwestafrika (heute 
> namibia) zu finden war, zu lagern als ort der vernichtungsaktion. beim genozid 
> an der herero handelte es sich zwar noch nicht um eine industrielle tötung, aber 
> ermordung durch vernachlässigung findet sich schon hier. dies belegen 
> vorgedruckte totenscheine mit der aufschrift 'tod durch entkräftung'. (...) das 
> interesse am kolonialismus und besonders an der frage, ob auch im deutschen fall 
> die kolonialgeschichte eine größere rolle spielen müsste, als ihr gemeinhin 
> eingeräumt wird, scheint hierzulande wieder zu wachsen. der genozid an den 
> herero in deutsch-südwestafrika, der 'erste völkermord in der deutschen 
> geschichte', wie helmut bley (hannover) sagte, jährt sich im kommenden jahr zum 
> hundersten mal. dieses ereignis spielt in der geschichte des genozids eine 
> wichtige rolle und wirft gleichsam dessen schatten voraus. (...)"
> 
> 
> kfl
> 
>        
> 

-- 
__________________________________________________________
Sign-up for your own FREE Personalized E-mail at Mail.com
http://www.mail.com/?sr=signup




More information about the Pynchon-l mailing list