“Miller & Pynchon”

Otto ottosell at googlemail.com
Tue May 5 04:24:38 CDT 2009


“Miller & Pynchon”

Der Literaturverlag Luftschacht aus Österreich hat mit Leopold Maurers
Debüt “Miller & Pynchon” eine weitere Graphic Novel angekündigt.
(...)
Ihr inneres Konzept ist das der geordneten Welt, ihre Tätigkeit deren
mögliche Abbildung in der gemessenen Zahl. Sowohl dem melancholischen
Pynchon als auch dem draufgängerischen Miller bedeuten diese
abstrakten Zahlen den Zusammenhalt ihrer ganz persönlichen Existenz,
ermöglichen ihnen eine Art Verankerung im Konkreten: für Pynchon, der
über den Tod seiner geliebten Frau nicht hinwegkommt, für Miller, der
sich unablässig weiter in sexuellen Ausschweifungen und ihren
emotionalen Bedeutungslosigkeiten verliert.

Gemeinsam stellen sie sich anfangs der Aufgabe des Ziehens einer
Demarkationslinie, die sie für eine größere unterbrechen: die Messung
des Venusdurchgangs, mittels dessen die Entfernung der Erde zur Sonne
berechnet werden soll. Doch mit der Größe der Aufgabe scheint auch
beider ganz persönliche Ausweglosigkeit zu wachsen und je genauer die
Entfernungen definiert werden, desto enger und unüberwindlicher ziehen
sie auch ihre eigenen Grenzen.

Donnerstag, den 18. Dezember 2008
http://www.graphic-novel.info/?tag=miller-pynchon

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Außergewöhnlicher Comic-Roman aus Österreich
Leopold Maurer hat ein Buch voll intelligenter Anspielungen, schrägen
Understatements und trockenen Humors gezeichnet.

Ein wenig erinnern sie an Wladimir und Estragon: "Miller & Pynchon"
sind großen Dingen auf der Spur und in der Lage, die Welt mit jedem
ihrer wenigen, nüchtern dahingesagten Sätze aus den Angeln zu heben.
Theoretisch zumindest. Doch anders als die beiden Beckett-Figuren, die
auf Herrn Godot warten, haben der Astronom und Mathematiker Pynchon
und der Vermesser Miller bereits ihren Auftrag: Sie ziehen eine
Demarkationslinie zwischen dem Norden und dem Süden.

Erinnerungen. Wer sich daran erinnert, dass US-Autor Thomas Pynchon in
seinem Roman "Mason & Dixon" über zwei Landvermesser geschrieben hat,
die im 18. Jahrhundert eine Linie zogen, die später zur
Hauptkampflinie im Bürgerkrieg wurde, befindet sich wohl auf keiner
falschen Fährte. "Miller & Pynchon" von Leopold Maurer ist nämlich ein
Buch voll intelligenter Anspielungen, schrägen Understatements und
trockenen Humors. Und es ist ein Comic.

Ein Comic aus Österreich - schon das ist ungewöhnlich. Ein Comicbuch,
das in einem renommierten literarischen Kleinverlag (Luftschacht)
herauskommt und sich dezidiert an ein erwachsenes Publikum richtet,
ist in einem Land, in dem die meisten Cartoon- und Comic-Zeicher
nahezu ausschließlich als Zeitungs-Karikaturisten und
Werbe-Illustratoren ihr Können zeigen dürfen, fast schon eine
Sensation. Der gezeichnete Roman von Leopold Maurer, 1969 in Wien
geboren und Mitglied der Comicgruppe mixer, beweist, welches große
Potenzial hier brach liegt.

"Miller & Pynchon" ist ein eigenwilliges, intelligentes Buch mit hohem
Unterhaltungswert, dessen reduzierter schwarz-weißer Zeichenstil die
Bilder nicht als kunstvolle Miniaturen, sondern als Erzählmittel
verwendet. In 20 kurzen, nicht mit Überschriften, sondern mit
gezeichneten "Icons" betitelten Kapiteln, versucht das
Protagonisten-Duo mit unerschütterlicher Ruhe, Messlatte, Maßband und
Entfernungsmesser seiner großen Aufgabe nachzukommen. Dabei kommen
ihnen nicht nur lebenslustige Damen und ihre eigene, tragische
Vergangenheit, sondern auch absonderliche Gestalten in die Quere.
Neben einem riesigen Monster, das Erdbeben auslöst und kellergroße
Fußstapfen hinterlässt, ist es ein winziges Krokodil, das sich,
anfangs mit einer Bananenschale verwechselt, als Persönlichkeit mit
Charakter herausstellt: Kanalkrokodil Hoffmann, voll Lebensfreude und
poetischer Begabung, schließt sich den beiden Landvermessern an und
wächst dem Leser rasch ans Herz.

Handlung. Als der Auftrag geändert wird und Miller & Pynchon zur
Beobachtung des Venusdurchgangs nach Südafrika abkommandiert werden,
vergrößert sich nicht nur die Bedeutung ihrer Arbeit ins quasi
Überirdische. Bewacht von einem seltsamen, schießwütigen
Leibwächterpärchen kommen die beiden auch immer mehr dahinter: Die
Welt ist nicht alles, was die Zahl ist. Bitte mehr davon! Und bei der
Fortsetzung nicht auf Kanalkrokodil Hoffmann vergessen!

Von Wolfgang Huber-Lang
05.05.2009
http://www.kleinezeitung.at/nachrichten/kultur/1947007/index.do




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