[np] Hubert Fichte -- tonight on the Radio (pt. 2)
Kai Frederik Lorentzen
lorentzen at hotmail.de
Wed Mar 17 04:58:29 CDT 2010
http://www.ndrkultur.de/programm/radiotipps4856.html
"Die Palette ist alles, habe ich zu Hans in seiner Welt gesagt. Ich gehe, ohne zu reden,
mit Jürgen durch den Freihafen. Er wartet nicht auf die Barkasse am Sandtorkai. Er hat
sich entschlossen, mit mir zu Fuß zum Schuppen zu gehen, wo er Zuckersäcke entladen
muss. Er spricht zur anderen Richtung hin in den Wind. Vielleicht singt er auch nur. Er hat
eine Zuckerklatsche. Mit der wird er in die Sackleinwand schlagen. Er zerrt den Sack vom
Stapel. Es gibt keine Geschäfte und keine Kirchen im Freihafen. Es schneit. Hinter den
Fenstern der Häuser sind Bohnen oder Fässer voll Harz. Der Schnee fällt auf die grünlichen
Bäume. Die Meisen sehen schmutzig aus. Neue Wörter aus der Palette: Dibbern. Liebeskaspar.
Nun ist alles kaputt. Honkey-Tonkey. Geknackt. Brüche. Vor allem: Dibbern. Liebeskaspar.
Der Schnee taut am Boden. Die Erde ist schon zu sehr erwärmt. Auf den Helgen bleibt der
Schnee liegen. Er isoliert die verschiedenen Töne der Ölfarben voneinander. Ich sitze jeden
Tag in der Palette. Ich greife nicht ein. Ich beobachte die Bewegung anlässlich Raubüberfällen
und Parties. Ich beobachte, wie geschwiegen wird. Ich sage nichts und werde erst begrüßt,
wenn es unplötzlich geworden ist. Ich begrüße erst nach dem zweiten Anlauf. Ich sage das
Wort nicht. Denn was sagt das Wort schon? Ich sage, was ich meine, andersherum. Jeder
weiß doch alles sowieso."
(Hubert Fichte: Die Palette, pp. 105-6)
KFL
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