NP Jonathan Littell - Les Bienveillantes (2006)
Otto
ottosell at googlemail.com
Fri Feb 29 22:18:39 CST 2008
"Die Wohlgesinnten" von Jonathan Littell
Kippe, Whiskey, Künstlerposen
Klaus Theweleit verteidigte Jonathan Littell in der taz mit einem
Namen: Thomas Pynchon. In der Tat können "Die Wohlgesinnten" auf
einige Wunscherfüllungsfantasien treffen. Es wäre eben erschreckend
und faszinierend zugleich, einen Roman zu haben, der auf der
literarischen Höhe von "Gravitys Rainbow" alle Aspekte des
Nationalsozialismus enthält, inklusive Judenmord und
Bürokratieanforderungen. Gerade für Vertreter einer Generation, in
deren Jugend der Holocaust nur beredt beschwiegen wurde, muss die
Aussicht auf so einen Roman etwas Strahlendes haben. Es läge ja auch
eine Art Triumph darin, wenn die Literatur den Tätern die Perspektive
der Erzählung letztgültig vorschreiben könnte. Allein, "Die
Wohlgesinnten" sind dieser Roman eben nicht. In manchem hat Littells
Buch geradezu die Anmutung einer vormodernen Chronik. Das
festzustellen ist keinesfalls eine rein literaturtheoretisch fundierte
Mäkelei. Das hat Auswirkungen auf die innere Spannung des Romans.
Jonathan Littell hat viel Wissenswertes über Nationalsozialismus und
Holocaust hineingepackt, was eine große Leistung ist. Aber was in dem
Roman vorkommt und was nicht, hat auch etwas Beliebiges. Und dass die
Verteidiger des Romans lieber über den Inhalt reden als über den Stil,
ist kein Zufall. So großartig Jonathan Littells Recherche auch war,
seine Darstellungsmittel bleiben begrenzt.
VON DIRK KNIPPHALS
TAZ, 01.03.2008
http://www.taz.de/1/leben/buch/artikel/1/kippe-whiskey-kuenstlerposen/?src=AR&cHash=c4df905343
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