Paracultural Calendar for Jan 16

Kai Frederik Lorentzen lorentzen at hotmail.de
Sat Jan 17 04:35:36 CST 2015


On 17.01.2015 06:11, Mark Thibodeau wrote:

>
> On this day in *1979*, *Shah Reza Pahlevi* - installed as a convenient 
> figurehead for the puppet regime installed by the CIA after they 
> deposed the democratically-elected *Mohammed Mossadegh* for trying to 
> nationalize his nation's petroleum industry - is chased out of Iran in 
> the wake of a massive nationalist/fundamentalist uprising led by 
> *Ayatollah Khomeni*. Oopsy-daisy!

  ... from*Christian*  *Kracht*:*1979*  (köln 2001: kiepenheuer & witsch), pp. 93ff:

  " ich ließ mich, wie man so sagt, von der menge treiben, überall sah ich in
glückliche, weit aufgerissene gesichter, autos standen quer auf der straße, die
menschenmassen brandeten die alleen hoch, ich sah in die luft gehaltene
gewehrattrappen aus holz, kinder trugen handgranaten aus pappmaché an ihren
gürteln, grüne luftballons flogen in den verhangenen winterhimmel hoch, ein
fernsehapparat, den irgend jemand aus einem hochhaus geworfen hatte, zerschellte
auf dem asphalt./ frauen verhüllten ihre gesichter vor mir mit schwarzen
stofftüchern, ein mann spuckte mir auf die schuhe, ein anderer drängte ihn weg,
nahm mich in den arm, drückte und küßte mich auf beide wangen, immer wieder. ich
lief stundenlang durch die riesige stadt. etwas neues war geschehen, etwas
völlig unfaßbares, es war wie ein strudel, in den alles hineingezogen wurde, was
nicht festgezurrt war, und selbst diese dinge waren nicht mehr sicher. es
schien, als gebe es kein zentrum mehr, oder gleichzeitig nur noch ein zentrum
und nichts mehr darum herum./ in einem park sah ich einen clown, der große rote
schuhe trug, er fütterte tauben mit erdnüssen oder popcorn. um sein handgelenk
hatte er vier bunte luftballons gebunden. auf seinem weißgeschminkten gesicht
war ein gütiges lächeln eingefroren. er hockte sich hin, und die taubenschar
umringte ihn, einige saßen auf seinen schultern, schlugen mit den flügeln und
zankten sich um die nüßchen./ plötzlich sprangen vier schwarzgekleidete, bärtige
männer aus einem gebüsch und stürzten sich auf den clown. die tauben schreckten
unter lautem geflatter auf. der clown fiel zu boden und hielt sich die hände vor
das geschmikte gesicht, während die männer ihn mit ihren stiefeln traten, in die
nieren und an den kopf. als er sich nicht mehr bewegte, hörten sie auf, wandten
sich ab und gingen wieder in richtung ausgang, fast gelangweilt. ein exotischer
vogel schrieh in den bäumen. später sah ich, wie sich ein polizist hinkniete und
die füße eines geistlichen küsste, und mir wurde so übel, daß ich mich dabei
fast übergeben mußte./ ein paarmal glaubte ich, in der menge hasan zu sehen,
aber ich täuschte mich immer wieder, er war es nicht. gegen abend hörte ich
schüsse. ein demonstrationszug mäanderte eine große allee entlang, schreiende
studenten, kommunistische fahnen und transparente hochhaltend, die fäuste
gereckt, liefen die allee hinunter./ studenten hatten sich an die
schmiedeeisernen gitter vor der universität gekettet, ihre gesichter waren
fanatisch und verdreht. DOWN WITH PRESIDENT CARTER stand auf einem großen tuch,
das ein paar von ihnen quer über den boulevard gespannt hatten, einige saßen
auf straßenlaternen, es waren auch richtige langhaarige dabei, blonde
agitatoren, die fellwesten mit buttons daran trugen./ ich sah bunte pappschilder
mit dem dicken fleischigen kopf von mao tse-tung darauf gemalt, hoch gereckt,
den kommunismus fordernd, umsturz, permanente revolution, den tod des schahs,
das ende der unterdrückung; sie schlugen auf jugendliche mit dem bild ayatollah
khomeinis ein, sie rannten die alleen hoch und jagten diejenigen studenten, die
keine rotchinesischen armbinden trugen, schaufenster platzten, glas splitterte
auf die straße. einige jugendliche trugen plakate mit den worten POL POT vor
sich her, andere hatten banner zwischen den fäusten ausgewickelt, auf denen
BATER-MEINHOF stand./ bevor es dunkel wurde, bestellte ich etwas reis und
fleisch in einem kleinen café. es war zur straße hin geöffnet, und während ich
den reis mit der gabel auf dem teller hin und her schob, sah ich hinaus auf die
sich leerende allee. menschen gingen nach hause, lichter gingen aus,
demonstrationen lösten sich auf, alles verdunkelte sich nun, es war ganz
unheimlich. mein magen zog sich wieder zusammen, mir war flau" ...




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