GR radio play review
Kai Frederik Lorentzen
lorentzen at hotmail.de
Thu Jul 9 10:44:01 UTC 2020
Robin Detje, who did a great translation of Joshua Cohen's "Book of
Numbers", says he would do it in case Jelinek is okay with this. Well,
Robin, whatever opinion Elfriede might have, --- please go for it!
https://twitter.com/robindetje/status/1251544943035928576
Am 09.07.20 um 12:33 schrieb Kai Frederik Lorentzen:
>
> & also regarding the German translation.
> A new one is needed, the sound doesn't work (anymore).
>
> https://twitter.com/TiniDo/status/1251515430142914560
>
> "Das Grundproblem der ganzen #GravitysRainbow
> <https://twitter.com/hashtag/GravitysRainbow?src=hashtag_click>#DieEndenDerParabel
> <https://twitter.com/hashtag/DieEndenDerParabel?src=hashtag_click>Hörspielprojektes
> ist die Übersetzung von Elfriede Jelinek, die in 8 von 10 Fällen nicht
> nur haarscharf am Ton des Originals vorbeigeht. Das Buch müsste echt
> mal komplett neu übersetzt werden."
>
>
> Am 27.04.20 um 13:28 schrieb Kai Frederik Lorentzen:
>>
>> Valid criticism. Especially regarding the voices ...
>> -------------------------------------------
>>
>> Christina Dongowski:
>>
>> + ... Buhlert macht aus Pynchons Romanmonster, in dem man
>> vorwarnungslos von der Erörterung der philosophischen Implikationen
>> der Poisson-Verteilung in lustig-obszöne Soldatenlieder zur
>> Sterbeszene einer in Mittelbau Dora für die Wunderwaffe zu Tode
>> gearbeiteten Zwangsarbeiterin getrieben wird, ein „Paranoia-Drug-Sex
>> Road Movie-Hörspiel“. So beschreibt es die Website, die der SWR 2 dem
>> Mammutprojekt eingerichtet hat. Und das trifft es ganz gut: Buhlert
>> streicht den Text sehr konsequent zusammen: auf die Geschichte der
>> Jagd Tyrone Slothrops durch das vom Krieg verwüstete Europa, „die
>> Zone“, auf der Suche nach dem „Schwarzgerät“, dem Herz und Gehirn der
>> A4/V2. Damit erspart er sich das Problem, für Pynchons
>> barock-BusterKeatonesken Erzählen eine adäquate Hörspielform finden
>> zu müssen. Allerdings handelt er sich dadurch ein anderes Problem
>> ein: Pynchons metaphysisches Monster schrumpft auf eine Art „Born to
>> be Wild – Easy Rider“-Hippie-Spionage-Roman zusammen.
>>
>> Gegen die Komplexitätsreduktion des Ursprungtextes ist an sich nichts
>> einzuwenden; dass Buhlert andere Priorität setzt als es die
>> Pynchon-Fan würde, die diese Rezension schreibt, liegt in der Natur
>> der Sache, aber: Buhlert reproduziert einen der ärgerlichsten Aspekte
>> der Rezeption(sgeschichte) des Romans (nicht nur) in Deutschland
>> –/Gravity’s Rainbow/als affirmativer Entwicklungsroman eines Weißen
>> Mannes, der durch allerlei Irrungen und Prüfungen die Wahrheit über
>> Politik und Gesellschaft als großen
>> Corporate-Verschwörungszusammenhang erfährt. Im Prinzip Wilhelm
>> Meister, nur mit deutlich mehr Drogen, Sex und Rock’nRoll (...)
>> Besonders unangenehm zeigt sich das in zwei ästhetischen
>> Entscheidungen Buhlerts: in der von ihm selbst komponierten und mit
>> seinem Ensemble eingespielten Musik und bei der Auswahl der
>> Sprecher*innen, hier vor allem die der männlichen Figuren.
>>
>> Musik spielt im Roman eine zentrale Rolle. Slothrop ist begeisterter
>> Mundharmonika- und Ukulele-Spieler; an entscheidenden Stellen des
>> Textes brechen die Figuren oder die Erzählinstanz in Songtexte aus,
>> die auf bekannte zeitgenössische Melodien zu singen sind; ständig
>> werden Schlager, Swing und vor allem Schwarze populäre Musik der
>> Zeit, aber auch klassische Musikstücke referenziert. Von all dem
>> kommt im Hörspiel fast nichts vor, stattdessen dominiert eine
>> diffuser 70er Jahre-JazzRock-Synthesizer-Gitarren-Sound den Hörraum.
>> Was möglicherweise als Verfremdungseffekt gedacht war, passt in
>> seiner Musikfrickelheros-Seligkeit leider nur zu gut in die
>> Weiße-Männlichkeitsromantik der von Buhlert gebotenen Handlung. Die
>> sehr konkrete historische Situierung des Romans, die im Zusammenspiel
>> mit den mythisch-sagenhaften Elementen des Textes den seltsamen
>> Zeitraum „der Zone“ auch für die Leserin erzeugt, verschwindet damit:
>> Zweiter Weltkrieg wird zu einer mittels Rauschen und altertümlichen
>> Kinoprojektor-Geräuschen aufgerufenen Kulisse. Die Paranoia des
>> Romans, die auch die Leserin schnell befällt, bleibt im Hörspiel eher
>> Behauptung, denn Erfahrung.
>>
>> Buhlerts Vorliebe für einen ganz bestimmten Typ deutscher
>> Theaterschauspieler-Stimme ist das Äquivalent des Frickel-Sounds auf
>> Sprecherseite: Die meisten Männerstimmen sind sich alle viel zu
>> ähnlich in der Tonlage und im Sprachduktus. Sehr viel raue, rauchige,
>> ausgestellte Körnigkeit und Regie-Theaterdiktion, wodurch die
>> problematischen Aspekte der deutschen Übersetzung von Elfriede
>> Jelinek und Thomas Piltz forciert werden – zu wenig Flow, zu langsam
>> im Rhythmus und zu wenig sprachliche und stilistische Varianz der
>> Register. Ob jetzt der Erzähler Frank Pätzold spricht oder der zum
>> zweiten Haupterzähler beförderte „Pirate“ Prentice (Felix Goeser),
>> ist schon am Anfang der 14 Stunden Hörzeit schwer zu unterscheiden
>> und wird nach sieben Stunden nicht einfacher.
>>
>> Und Bibiana Beglau als Katje Borgesius, in der Hörspielversion die
>> weibliche Hauptrolle, ist leider eine Fehlbesetzung: Sie ist
>> stimmlich zu alt. Der Projektionscharakter der Figur beziehungsweise
>> ihre Fähigkeit, jedem Mann etwas anderes zu sein, bleibt in der
>> Inszenierung uneingelöst. Stattdessen scheint Buhlert sich eine
>> deutsche Version einer Film Noir-Heldin zusammenbasteln zu wollen.
>> Corinna Harfouch als Ex-UFA-Diva und kinderverschlingende Grimm’sche
>> Hexe dagegen ist fantastisch. Bedauerlicherweise setzt Buhlert Golo
>> Euler, der Tyrone Slothrop mit einer jungen, zwischen Naivität und
>> Gerissenheit changierende Stimme als eine Art Parsifal mit
>> Can-Do-Attitüde spricht, viel zu selten ein
>>
>> Überhaupt keine Gedanken scheinen sich Buhlert und sein Team
>> rätselhafterweise darüber gemacht zu haben, wie sie die von Pynchon
>> akribisch registrierten Unterschiede im Englischen auf Deutsch hörbar
>> machen wollen. Dass man sich ständig missversteht, weil man die
>> gleiche Sprache spricht, nur anders, ist eines der immer wieder
>> variierten Motive des Romans. Von der Funktion der verschiedenen
>> englischen Sprachen als sozialer Marker ganz zu schweigen. Davon
>> bleibt im Hörspiel nichts. Im Gegenteil: Man hat des Öfteren den
>> Eindruck, als wüssten die Sprecher*innen nicht immer, wie man einen
>> englischen Namen oder eine Bezeichnung korrekt ausspricht ... +
>>
>>
>> https://www.54books.de/besser-scheitern-das-hoerspiel-gravitys-rainbow/
>>
>
> --
> Pynchon-L: https://waste.org/mailman/listinfo/pynchon-l
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